Was ist Work Life Blending?
Arbeitsmodelle und Anforderungen an den Arbeitsplatz verändern sich ständig. Mit der Digitalisierung und der Verbreitung von mobilen Endgeräten können wir Bildschirmarbeit praktisch immer und überall erledigen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen immer mehr. Anrufe nach Feierabend, E-Mails checken und beantworten am Wochenende. Der neue Trend heißt “Work Life Blending” und bringt Vorteile und Risiken mit sich.
Die Definition von Work Life Blending
“Work Life Blending” kommt aus dem Englischen und bezeichnet die Vermischung von Arbeit und Privatleben. Arbeitszeit wird nicht ausschließlich für berufliche Aktivitäten genutzt, Freizeit nicht nur ausschließlich für private Tätigkeiten.
Beispiele hierfür haben wir oben schon genannt: E-Mails beantworten, Anrufe und andere Arbeiten nach Feierabend, in der Mittagspause, am Wochenende oder sogar im Urlaub. Work Life Blending bedeutet jedoch auch, dass zum Beispiel Einkäufe in der Arbeitszeit erledigt werden (die versäumte Arbeitsstunde wird dann im Feierabend oder an einem anderen Tag nachgeholt) oder - ein weit verbreiteter Fall im Home Office - zwischendurch die Kinder betreut werden müssen.
Work Life Balance vs Work Life Blending
Den Begriff “Work Life Balance” gibt es schon deutlich länger als das “Work Life Blending”. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass ein “Blending” keine strikte Trennung mehr zulässt, Zeit ist nicht mehr klar in Arbeitszeit oder Freizeit einteilbar. Das bedeutet nicht, dass in einem Work Life Blending Modell keine Balance möglich ist, für die Beurteilung müssen wir jedoch genauer hinschauen, da nicht mehr klar festgelegt ist, was Arbeit und was Privat ist, wie viel Zeit auf jeden der beiden Bereiche entfällt.
Vor- und Nachteile von Work Life Blending
Wie jedes Arbeitsmodell und praktisch jede Entwicklung in der Arbeitswelt gibt es auch für das Work Life sowohl Befürworter und Befürworterinnen als auch kritische Stimmen. Tatsache ist, dass es erheblich von der Umsetzung und den Voraussetzungen abhängt, ob die Vermischung von Arbeit und Privatleben eine Chance oder eher ein Risiko ist.
Vorteile
Mehr Flexibilität, beispielsweise um Arbeit und Familie miteinander zu vereinbaren. Für Arzt-, Friseur- oder Behördentermine muss nicht jedes mal ein (halber) freier Tag geopfert werden.
Mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Viele Angestellte wissen es zu schätzen, Zeit freier selbst einteilen zu können und selbst dafür verantwortlich zu sein, wann und wie sie ihre Aufgaben erledigen.
Mehr Motivation. Starre Regeln und wenig Selbstbestimmung können die Motivation negativ beeinflussen. Arbeitgeber, die Work Life Blending unterstützen, können attraktiver sein - vorausgesetzt das bedeutet nicht, Arbeit rund um die Uhr ohne Life und Freizeit.
Höhere Produktivität. Wer selbst bestimmen kann, wann sie oder er welche Aufgaben erledigt, hat die Möglichkeit, die produktivste Zeit für die wichtigsten oder schwierigsten Aufgaben einzuplanen. Nicht jede und jeder kann sich morgens am besten konzentrieren, bei anderen lässt die Produktivität nach der Mittagspause nach.
Nachteile
Gefahr von Überstunden. Wenn praktisch rund um die Uhr Arbeitszeit sein kann und es keine Regularien und kein Tracking gibt, besteht das Risiko, dass viel unbezahlte Extra-Arbeit gemacht wird. Die Folge können Burnout und andere gesundheitliche Folgen sein.
Erhöhter Leistungsdruck. Die Erwartung, immer verfügbar zu sein und den Feierabend für die Arbeit zu opfern, kann den Leistungsdruck erheblich erhöhen. Der Schlüssel sind hier wieder klare Grenzen und kein Opfern des Privatlebens zugunsten der Arbeitszeit.
Vereinnahmtes Privatleben. Wo keine eindeutigen Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben mehr herrschen, verschwimmen auch die Grenzen zwischen Freundeskreis, Familie und Teamies. Das muss nichts schlechtes sein, birgt aber Konfliktpotenzial.
Tipps für Teamleader & Angestellte
Viele von uns sind längst mitten drin im Work Life Blending, in manchen Teams gelingt es besser, in anderen weniger gut. So nutzt ihr die Vorteile und wirkt den Risiken entgegen:
Klare Grenzen setzen und respektieren
Theoretisch immer erreichbar zu sein, bedeutet auch nicht, dass jede und jeder zu jeder Zeit kontaktiert werden sollte und darf. Eindeutige Kernarbeitszeiten und klar definierte Feierabendzeiten, freie Tage und Urlaubstage sollten respektiert werden, wenn es keinen triftigen Grund gibt (und den gibt es in den meisten Fällen nicht).
Das bedeutet auch, dass Angestellte ihre Einstellung zur ständigen Erreichbarkeit überdenken dürfen - arbeitsfreie Zeit ist wichtig, die meisten E-Mails und Nachrichten müssen nicht in Echtzeit beantwortet werden.
Im Team zu besprechen, wann und wie oft Nachrichten gelesen und beantwortet werden und zu welchen Zeiten das von keiner und keinem erwartet wird, ist ein wichtiger Schritt. Jede und jeder braucht Zeit zum Abschalten - oft entstehen gerade aus dieser Distanz die besten Ideen und frische Kraft für den nächsten Arbeitstag.
Digital Detox
Ständig online zu sein und so viele Stunden pro Tag auf einen großen oder kleinen Bildschirm zu sehen, hat seinen Preis. Nicht nur für die physische, sondern auch psychische Gesundheit sind Offline-Zeiten ohne Internet und Geräte wichtig.
Die Empfehlung, das Handy spätestens eine Stunde vor dem Schlafengehen beiseite zu legen oder zumindest in den Flugmodus zu schalten und nicht direkt nach dem Aufstehen Nachrichten zu lesen, ist auf die Arbeit bezogen umso wichtiger.
Vielleicht kannst Du im Team ein Digital Detox anregen. Challenget euch gegenseitig, einen ganzen Tag oder zumindest bestimmte Stunden die Geräte auszuschalten und tauscht Ideen für Offline-Aktivitäten aus, bis sich die neue Gewohnheit etabliert hat.
Alle Arbeitszeiten tracken
Wenn nach Feierabend Telefonate geführt werden, Teams an Online-Konferenzen teilnehmen oder E-Mails beantworten, sollte auch diese Zeit getrackt werden. Alle Arbeitsaktivitäten, egal ob während der regulären Kern-Arbeitszeit oder außerhalb, sollten auf die Arbeitszeit einzahlen. Andernfalls besteht die Gefahr von unkontrollierten Überstunden. DIe Flexibilität des Work Life Blending sollte nicht mit regelmäßigen Überstunden bezahlt werden müssen.
Außerdem gilt: nur wenn alles sauber getrackt wird, können Teamleader eine Idee davon bekommen, wie viel Arbeit tatsächlich anfällt, wie lange bestimmte Prozesse dauern und wie viel Aufwand eingeplant werden muss.
Kein einseitiges Work Life Blending
Work Life Blending bedeutet die Verschmelzung von Arbeit und Privatleben, es sollte nicht darauf hinauslaufen, dass in der Freizeit regelmäßig gearbeitet wird, ohne dass es einen Ausgleich dafür gibt - also private Aktivitäten während der regulären Arbeitszeit erledigt werden. Das Timetracking deckt auf, wenn es einseitig wird und die Arbeit das Privatleben vereinnahmt, ein gutes Bewusstsein aller Angestellten dafür, was eine gute Balance ist, ist ebenso wichtig.
Gute Organisation von Tasks und Verantwortlichkeiten
Einer der Gründe, warum Angestellte in ihrer Freizeit oder sogar während des Urlaubs kontaktiert werden, liegt in mangelnden Übergaben oder unklaren Absprachen - was ist zu erledigen, wer übernimmt die Vertretung, wo liegen die wichtigen Dokumente? Ein gutes System kann Teams in allen Arbeitsmodellen deutlich produktiver machen.
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